Maria's Notitzbuch
Maria weiß, wenn Frau Kettler um sich schlägt, dann ist sie gerade nicht bei sich selbst. Also fasst sie kräftig, aber nicht grob, nach den Händen, faltet sie und streichelt zart darüber. Aus Fäusten werden bald ganz weiche Hände. Frau Kettler flüstert dann: Danke. Und wenn die Hände weich sind, lässt sich ausgiebig reden. Über früher. Über jene Jahre, als sie beide jung waren. Über andere Zeiten halt.
Maria fühlt sich reich beschenkt. Abends schreibt sie Geschichten wie diese in ihr Tagebuch. Das hat sie im Heimseelsorgekurs gelernt. Die wichtigen Dinge aufzuschreiben.
HINTERGRUND
Maria ist seit inzwischen zwölf Jahren in Pension. Als ehemalige Pflegerin wurde ihr Antrag aufgrund berufsbedingter Erkrankungen der Wirbelsäule genehmigt. Seit damals engagiert sie sich ehrenamtlich. Zunächst in ihrer Pfarre, wo sie davon hörte, dass man sich zur Heimseelsorgerin ausbilden lassen kann. Der Kurs dauerte zwei Jahre.
Wenn Maria nicht gerade Besuche absolviert, dann verbringt sie viel Zeit mit den Enkelkindern. Ihr Mann kümmert sich mit Vorliebe um das Ferienhaus in den Bergen, das er von seinen Eltern geerbt hat. Dort wohnen sie im Sommer einige Wochen und wollen es verkaufen, wenn sie selbst einmal Pflege brauchen.